210.523 (19S) Der Suizid

Sommersemester 2019

Anmeldefrist abgelaufen.

Erster Termin der LV
07.03.2019 14:00 - 16:00 Z.1.08 On Campus
... keine weiteren Termine bekannt

Überblick

Lehrende/r
LV-Titel englisch Suicide
LV-Art Proseminar (prüfungsimmanente LV )
Semesterstunde/n 2.0
ECTS-Anrechnungspunkte 4.0
Anmeldungen 35 (30 max.)
Organisationseinheit
Unterrichtssprache Deutsch
mögliche Sprache/n der Leistungserbringung Englisch , Französisch
LV-Beginn 07.03.2019
eLearning zum Moodle-Kurs
Studienberechtigungsprüfung Ja
Seniorstudium Liberale Ja

Zeit und Ort

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LV-Beschreibung

Intendierte Lernergebnisse

Erarbeitung eines differenzierten und kritisch-reflexiven Zugangs zu den Themenkreisen Freiheit, Autonomie, philosophische Anthropologie, Lebenin philosophischer und soziokultureller Dimension; methodisch-systematische Erschließung der relevanten Fragestellungen anhand konkreter Texte mittels philologisch-kritischer, begriffskritischer und begriffsgeschichtlicher Verfahren.

Lehrmethodik inkl. Einsatz von eLearning-Tools

Vortrag; Referate; gemeinsame Lektüren, ggf. auch Filmausschnitte, und Diskussionen dazu (Mitarbeit wird positiv berücksichtigt)

Inhalt/e

In Österreich liegt die Suizidrate vergleichsweise hoch, mit etwa 1.260 Suizidtoten pro Jahr; das Ausmaß versuchter Suizide dürfte noch um ein Vielfaches größer als jenes der tatsächlich vollendeten sein. Diese Zahlen sind wenig bekannt, weil das Thema Suizidgerade hierzulande eines ist, über das zu sprechen tunlichst vermieden wird, schon lange tabuisiert, weniger aus psychosozialen oder psychohygienischen Gründen als vielmehr aus bestimmten religiösen und postreligiösen Traditionen heraus. Dies wurde und wird nicht zuletzt im Blick auf den rechtlichen Umgang mit der Thematik überdeutlich. 

Auf philosophischer Ebene, verstanden als eine solche grundlegender (radikaler) Reflexion, stellt sich die Frage zudem etwas anders als aus dem Blickwinkel der Suizidprävention, nämlich: Wie kann das Phänomen Suizid grundsätzlich beurteilt werden? Stellt es als Konzept und Handlung möglicherweise etwas genuin Menschliches dar, das vielleicht auf mehr verweist als auf pathologische Veränderungen und Hilferufe aufseiten der Betroffenen? Insbesondere das Konzept der Willensfreiheit bedarf, in seiner reduziertesten Form, der Alternativen, zwischen denen einen Wahl getroffen werden kann. Als Grenzkonzept wäre die hypothetische Möglichkeit, Hand an sich zu legen, in diesem Zusammenhang vielleicht als eine Art regulative Idee deutbar: Im Zweifel bestünde immer die Option, sich das Leben zu nehmen und damit eben auch: zu wählen. Dies setzte allerdings voraus, dass Selbsttötung (was immer dies begrifflich genau bedeuten mag) überhaupt auf einer im weitesten Sinn rationalen Entscheidung gründen kann und nicht per se und grundsätzlich eine psychopathologische Verfallserscheinung darstellen muss. Eine andere Frage lautet, ob sich nicht in phänomenologischer Hinsicht ein Differenzierungskriterium festmachen lässt zwischen den Befindlichkeiten, aus denen heraus die Möglichkeit zur Handlung erfließen kann – mit anderen Worten, ob nicht ein gravierender Unterschied besteht zwischen dem Unwillen, weiter zu leben und dem Wunsch zu sterben. Zudem sind kulturelle Differenzen in der grundsätzlichen Bewertung des Suizids zu beachten, die wiederum in unterschiedlicher Weise, keinesfalls linear, auf menschliches Verhalten zurückwirken.

Umgekehrt: Wie sind vor dem Hintergrund dieser Überlegungen Suizide zu deuten, die einen im näheren oder weiteren Sinn politischen Kontext haben? Dieser kann mit dem Druck von Verfolgung zu tun haben, aber auch damit, dass jemandem die Lebensberechtigung abgesprochen wird, weil er oder sie eine "Belastung" für andere darstelle, für sein/ihr Umfeld oder die Gesellschaft überhaupt; nicht zuletzt auch die Rede von "lebensunwertem Leben" im Rahmen nationalsozialistischer Ideologie gehört in diesen Zusammenhang. Tatsächlich oder scheinbar aus eigenem Antrieb gesetzte sowie erzwungene "Selbstopferung" im Modus von Selbstmordanschlägen (von den Kamikaze im 2. Weltkrieg bis zu im weitesten Sinn als islamistisch motiviert geltenden Attentaten) fällt ebenfalls in die Sphäre politischer Implikationen suizidalen Handelns. In all diesen Fällen stellt sich die Frage nach selbstbestimmtem Handeln auf sehr spezifische Weise.

Das Thema Suizid ist also keines, das einfache Antworten zulässt. Abseits von Extrempositionen, die  in diesem Zusammenhang wohlfeil vertreten werden können, und allen Gefahren politischen Missbrauchs, erlaubt es vielleicht einen unvertrauten Blick auf Möglichkeiten, Grenzen, Gefährdungen des Menschseins ebenso wie auf das ganz konkreten Menschen Zumutbare und (nicht mehr) Erträgliche. Die Lehrveranstaltung spürt diesen Fragen anhand konkreter Texte nach und versucht, Perspektiven für einen vielleicht adäquateren Umgang mit einem scheinbar unheimlichen Thema zu erschließen.

Erwartete Vorkenntnisse

Keine

Literatur

Adler, Alfred: Über den Selbstmord, insbesondere einen Schülerselbstmord (1910), in: Adler, Alfred: Studienausgabe 1, hg. v. Almuth Bruder-Bezzel (Göttingen 2007) 114–121.

Améry, Jean: Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod (1976). In: Améry, Jean: Werke, Bd. 3, hg. v. Monique Bousssart (Stuttgart 2005) 173 – 343. 

Bieri, Peter: Das Handwerk der Freiheit (3. Aufl. München 2005).

Bormuth, Matthias: Ambivalenz der Freiheit. Suizidales Denken im 20. Jahrhundert (Göttingen 2008).

Bronisch, Thomas: Der Suizid. Ursachen, Warnsignale, Prävention (München 2007).

Brunner, Claudia: Männerwaffe Frauenkörper? Zum Geschlecht der Selbstmordattentate im israelisch-palästinensischen Konflikt (Wien 2005). 

Grabenhofer-Eggerth, Alexander/Nowotny, Monika/Tanios, Aida/ Kapusta, Nestor: Suizid und Suizidprävention in Österreich. Bericht 2016. Hg. v. Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (Wien 2017); http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/2/3/9/CH1453/CMS1392806075313/suizidbericht2016_2017.pdf(abgerufen: 06.12.2018). 

Goeschel, Christian: Selbstmord im Dritten Reich (Frankfurt am Main 2011).

Hume, David: Über den Freitod. In: Hume, David: Über den Freitod und andere Essays. Ausgewählt und mit einem Nachwort versehen v. Manfred Kühn (München 2009) 7 – 23.

Inoue, Yasushi: Der Tod des Teemeisters. Roman. Aus dem Japanischen v. Ursula Gräfe (Frankfurt am Main 2007).

Macho, Thomas: Das Leben nehmen. Suizid in der Moderne (Berlin 2017).

Minois, Georges: Geschichte des Selbstmords (Düsseldorf 1995).

Niemz, Susanne: Sozialverträgliches Sterben. Die Debatte um assistierten Suizid und Sterbehilfe (Regensburg 2010).

Pauly, Ulrich: Seppuku. Ritueller Selbstmord in Japan (Tokyo 1995).

Pfeiffer, Hermann: Über den Selbstmord. Eine pathologisch-anatomische und gerichtlich-medizinische Studie (Jena 1912). 

Pohlmeier, Hermann: Wie frei ist der Freitod? Einschränkung frei verantwortlichen Handelns als Krankheit (= Berliner medizinethische Schriften 7; Dortmund 1996).

Ringel, Erwin: Der Selbstmord. Abschluß einer krankhaften Entwicklung (Düsseldorf/Wien 1953).

Ringel, Erwin (Hg.): Selbstmordverhütung (5. Aufl. Eschborn 1997).

Seneca, Lucius Annaeus: Ad Lucilium. Epistulae morales LXX, in: Seneca, L. Annaeus: Philosophische Schriften, hg. v. Manfred Bosenbach. Lat.-Dt., 4. Bd. (Darmstadt 1999) 2 – 11.

Willemsen, Roger: Der Selbstmord. Briefe, Manifeste, literarische Texte (Köln 2002).

Prüfungsinformationen

Im Fall von online durchgeführten Prüfungen sind die Standards zu beachten, die die technischen Geräte der Studierenden erfüllen müssen, um an diesen Prüfungen teilnehmen zu können.

Prüfungsmethode/n

Referate, Diskussionsteilnahme, ggf. Analyse von Texten, Bildern oder Filmausschnitten; Abschlussarbeit (Richtwert: ca. 10– 15 Seiten).

Prüfungsinhalt/e

Themen der Lehrveranstaltung

Beurteilungskriterien/-maßstäbe

Eine eigenständige, reflektierte Beschäftigung mit den Themen der LV und insbesondere mit dem für die Abschlussarbeit und/oder das Referat gewählten Spezialthema soll erkennbar sein. Wichtig, insbesondere für die Abschlussarbeit, sind kohärente und konsistente Argumentation, Verwendung von themenrelevanter Literatur und Bezugnahme auf diese (Zitierweise nach Wahl, doch sollte das gewählte Modell konsequent beibehalten werden). Ansonsten ist für die Beurteilung vor allem engagierte Beteiligung an Diskussionen und die eigenständige Beschäftigung mit Texten, die im Rahmen der LV besprochen werden, von großer Bedeutung.

 

Beurteilungsschema

Note Benotungsschema

Position im Curriculum

  • Besonderer Studienbereich Besonderer Studienbereich Friedensstudien (SKZ: 900, Version: 05S)
    • Fach: Erweiterungsbereich (Freifach)
      • Weitere anrechnungsfähige LVs aus anderen Studienplänen ( 0.0h / 0.0 ECTS)
        • 210.523 Der Suizid (2.0h PS / 4.0 ECTS)
  • Bachelorstudium Philosophie (SKZ: 541, Version: 16W.1)
    • Fach: Praktische Philosophie (Wahlfach)
      • Praktische Philosophie ( 0.0h VO, PS, SE / 36.0 ECTS)
        • 210.523 Der Suizid (2.0h PS / 4.0 ECTS)
          Absolvierung im 1., 2., 3., 4., 5., 6. Semester empfohlen
  • Bachelorstudium Philosophie (SKZ: 541, Version: 10W.2)
    • Fach: Praktische Philosophie (Wahlfach)
      • Praktische Philosophie ( 0.0h XX / 36.0 ECTS)
        • 210.523 Der Suizid (2.0h PS / 4.0 ECTS)
  • Masterstudium Philosophie (SKZ: 941, Version: 10W.1)
    • Fach: Praktische Philosophie und ihre Geschichte (Wahlfach)
      • Praktische Philosophie und ihre Geschichte ( 0.0h XX / 24.0 ECTS)
        • 210.523 Der Suizid (2.0h PS / 4.0 ECTS)
  • Erweiterungscurriculum Philosophie (Version: 16W.1)
    • Fach: Philosophie (Pflichtfach)
      • LV aus dem Fach Praktische Philosophie ( 0.0h VO,UE,PS / 4.0 ECTS)
        • 210.523 Der Suizid (2.0h PS / 4.0 ECTS)
  • Erweiterungscurriculum Ethik (Version: 16W.1)
    • Fach: Praktische Ethik (Pflichtfach)
      • Praktische Ethik ( 0.0h PS / 4.0 ECTS)
        • 210.523 Der Suizid (2.0h PS / 4.0 ECTS)

Gleichwertige Lehrveranstaltungen im Sinne der Prüfungsantrittszählung

Diese Lehrveranstaltung ist keiner Kette zugeordnet